Für ihr erstes Haus gaben sich deadline architects selbst den Auftrag und wurden zu hoteliers.
Britta Jürgens und Matthew Griffin, ein deutsch-kanadisches Architektenpaar mit Studienerfahrungen in Berlin (sie) und an der Architectural Association in London (er) hatten das Warten satt. Sie beschlossen, auf eigene Rechnung und Gefahr ein Grundstück zu kaufen und ihr eigener Projektentwickler, Bauherr und Architekt zu werden. In einem stark vom Klinikum Charité geprägten Teil von Berlin-Mitte entdeckten sie in einer vom Chic der Stehcafés, Galerien und Schuhgeschäfte noch weitgehend verschonten Hessischen Straße eine Lücke. Keine Baulücke im üblichen Sinne, sondern eine Durchfahrt zwischen zwei schlichten Wohnbauten der fünfziger Jahre, in der noch Reste eines Hinterhaustrakts standen. Dieser wurde im ersten Schritt saniert und für die eigenen Wohnbedürfnisse aufgestockt. Vorne an der Straße aber gab es einen neun Meter breiten Streifen, der ebenfalls bebaut werden durfte. Was heisst durfte - dort musste etwas hin, eine cash-cow am Besten, als Refinanzierung des Grundstückskaufs und natürlich auch als Visitenkarte und Referenz der Architekten. Ein Bürobau wurde diskutiert und verworfen. Aus der früheren Beschäftigung mit temporären Stadtnutzungen war die Idee noch im Kopf, dass es für die Nomaden der Neuzeit eine Zwischenform von hotel und Appartement geben müsste, eine großzügige Wohnung für Arbeitsbesuche in einer anderen Stadt.
Also wurde 'Bender' mit acht Minilofts ausgestattet, zwei auf jede Ebene, darüber, auf weiteren zwei Etagen, das Architekturbüro. Die zwischen 30 und 50 Quadratmeter großen lofts können über die Webseite www.miniloft.com gebucht werden. Es gibt die Varianten 'Classic' (im rückwärtigen Altbau) oder 'Ex-' und 'Introvertiert' im Neubau, je nachdem ob man es schätzt, raumhohe Fenster auf der gesamten Längsseite der Raums zu haben oder lieber ein eher traditionelles Zimmer mit Ausblick. Die Preise scheinen im Vergleich zu Wien recht günstig, nur muss man wissen , dass der Berliner hotelmarkt derart eingebrochen ist, dass die Differenzen zu einem 4-Sterne-hotel minimal sind. Aber ein hotel mit seinem globalisierten Standardkomfort ist eben etwas ganz anderes als ein Miniloft, wo auch im Neubau die Raumhöhe großzügige 3,80 Meter beträgt. Die Gäste wissen es anscheinend zu schätzen und bleiben durchschnittlich eine Woche.
Für Berliner Verhältnisse ist der Baukörper geradezu avantgardistisch. Dabei sei es ihnen doch darum gegangen, erklärt Matthew Griffin, in der Wahl der Materialien die Umgebung zu spiegeln. Die Haut aus ungeglätteten Edelstahlbahnen blitzt an den meisten Tagen des Jahres mehr oder minder grauen Berliner Himmel. Auch die seitlichen Aluminiumpaneele, deren Farbe der Hersteller als 'Champagner' bezeichnet, sind eine Referenz an den beigen DDR-Ton der Nachbarn.
Trotz aller Erfahrungen können sich deadline eine Zukunft als Projektentwickler allerdings nicht verstellen. Nach 'fünf schlaflosen Jahren' sind sie froh, endlich wieder 'nur Architektur' machen zu können.
Auf Eigene Faust, Oliver Elser, published in Der Standard (Vienna), January 8, 2005